150+1?! Nicht mit uns! Schluss mit §218!

Mit lauter Musik und Luftballons fuhren wir heute auf unseren Rädern durch Merseburg. An unseren Lenkern baumelnd: 151 Kleiderbügel, symbolisch für 151 Jahre Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland. Auf unserer Runde durch die Stadt verteilten wir diese an Straßenschildern, Haltestellen und Bänken. Die Kleiderbügel zierten feinsäuberlich laminierte, bunte Schilder mit Hintergrundinformationen zu Abtreibungen in Deutschland und weltweit. Wusstest du zum Beispiel, dass ein Abbruch in Deutschland je nach Praxis und Methode 200 bis 600 Euro kostet? Und dass sich Personen laut §219 StGB verpflichtend beraten lassen müssen, um einen straffreien Schwangerschaftsabbruch durchführen zu können?

 

 

Die katastrophale Situation wird sich auch durch die baldige Abschaffung des §219a StGB nicht wesentlich ändern. Die Gesetzesänderung stellt zwar einen Teilerfolg dar, schließlich werden Ärzt*innen in Deutschland künftig über Schwangerschaftsabbrüche als normalen Teil ihrer medizinischen Leistungen informieren können ohne Angst haben zu müssen, von übereifrigen selbernannten Lebensschützer*innen angezeigt zu werden. Doch der Abbruch selbst bleibt illegal und die Liste an Bedingungen, die erfüllt werden müssen, lang. Überdies ändert das Ende des Werbeverbot nichts an der flächendeckenden Unterversorgung an Ärzt*innen, die überhaupt wissen, wie man Abbrüche durchführt. Denn zur gynäkologischen Grundausbildung gehört die Durchführung von Abtreibungen nicht, Ärzt*innen müssen sich dieses Wissen durch Weiterbildungen selbst aneignen.

Der Drahtkleiderbügel steht symbolisch für die weltweite Unterversorgung an legalen Schwangerschaftsabbrüchen. Die Illegalisierung verhindert Abtreibungen nicht – sie bringt nur ungewollt Schwangere dazu, auf gefährliche Methoden mit spitzen Gegenständen wie einem Kleiderbügel oder ungeeignete Medikamente zurückzugreifen. Das kann oft tödlich für die schwangere Person enden. Eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen würde also Leben schützen – eine Kriminalisierung tut es nicht.

 

 

Die meisten Menschen in Deutschland wissen nichts von diesen Zuständen. Es kursiert viel Halbwissen oder die verbreitete Annahme, dass Abtreibungen in Deutschland problemlos möglich seien. Viele stellen erst fest, wie viele Hürden ihnen im Weg stehen, wenn sie selbst in der Situation sind, einen Abbruch durchführen zu wollen. Deshalb verteilten wir mit der heutigen Aktion das Wissen sichtbar im öffentlichen Raum. Damit Passant*innen in Merseburg an der Hochschule, am Bahnhofsplatz, dem Entenplan, der Kliaplatte und auf den Wegen dazwischen Fakten begegnen und darauf aufmerksam werden, dass Abtreibungen in Deutschland weiterhin und seit 151 Jahren strafbar sind.

Wir sagen: Weg mit §218 StGB! Schluss mit der Tabuisierung und Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen! Mein Körper – meine Entscheidung!