#saytheirnames – Gedenkinstallation in Merseburg am 19.02.2022

Am 19. Februar 2020 wurden neun Menschen in Hanau von einem Rassisten ermordet.

Zweieinhalb Jahre später sitzt der Schock noch immer tief, sind die Tat und die damit zusammenhängenden Verantwortungen von Polizei und anderen Behörden noch immer nicht aufgeklärt, kämpfen Angehörige und Freund*innen der Opfer weiterhin für Gerechtigkeit und Aufarbeitung. Wir möchten heute, am 19. Juli, auf den 19. Feburar 2022 zurückblicken.

Am Jahrestag des Anschlags teilten Menschen in ganz Deutschland die Forderungen der Initiative 19. Februar:

Erinnerung – Gerechtigkeit – Aufklärung – Konsequenzen.

In Merseburg installierten wir zu diesem Zwecke eine Lichtinstallation in einem Schaufenster in der König-Heinrich-Straße, die im Zentrum der Stadt direkt am Bahnhof entlang führt. Eine vierminütige Präsentation wiederholte sich ab 19 Uhr, sodass sie von Passant*innen betrachtet werden konnte.

Die Namen der neun Ermordeten wurden gemeinsam mit illustrierten Porträts genannt:

Ferhat Unvar
Said Nesar Hashemi
Hamza Kurtović
Vili Viorel Păun
Mercedes Kierpacz
Kaloyan Velkov
Fatih Saraçoğlu
Sedat Gürbüz
Gökhan Gültekin

Wir wollten die Forderungen der Angehörigen teilen und befestigten zu diesem Zweck die von der Initiative 19. Februar bereitgestellten Plakate auf der doppelflügeligen Glastür neben dem Schaufenster.

Außerdem wollten wir einen Bezug zu Merseburg herstellen, denn die rassistische Tat von Hanau ist kein Einzelfall. In Merseburg wurden am 12. August 1979 die Kubaner Raúl Garcia Paret und Delfin Guerra durch einen rassistischen Mob in den Tod getrieben.

 

Egal ob Hanau 2020, Halle 2019 oder Merseburg 1979: Das gesellschaftliche Klima, in dem diese Taten stattfinden, ist das gleiche. Die Mechanismen, die die Aufarbeitung verhindern, sind die gleichen.

Deshalb muss für uns als Gesellschaft die Aufklärung des Anschlags in Hanau Priorität haben.

Denn viele Fragen sind weiterhin offen:

„Was wussten die Behörden über den Täter und dessen Vater und wie wurde mit diesen Informationen umgegangen?

Gab es Versäumnisse bei der Ausstellung der Waffenerlaubnisse für den Täter?

Warum war die Notrufnummer 110 am Tatabend für Vili Viorel Păun und andere nicht erreichbar?

Welche Verantwortung tragen Hessische Behörden dafür, dass der Notausgang am zweiten Tatort verschlossen war?

Was haben die Polizeikräfte an den Tatorten getan, um alle Opfer möglichst schnell zu finden und sie schnellstmöglich ärztlich zu versorgen?

Welche Versäumnisse gab es beim Polizeieinsatz am Täterhaus, warum wurde erst so spät gestürmt?

Welche Rolle spielten die 13 SEK-Beamten, die später in rassistischen Chats aufgefallen sind?

Welche Versäumnisse hat es bei dem Umgang mit Überlebenden und den Familien der Ermordeten am Tatabend und danach sowie bei der Obduktion der Leichname gegeben?“

Diese Fragen dürfen wir nicht nur am 19. Februar stellen. Nicht nur einmal im Jahr sollten wir eine lückenlose Aufklärung und politische Konsequenzen fordern. Nicht nur an den Jahrestagen sollten wir uns an Opfer von rassistischen Mordern erinnern, auch wenn das gute Zeitpunkte für Demonstrationen und medienwirksame Aktionen sind.

Vielmehr müssen wir als Mitglieder dieser Gesellschaft zusammenarbeiten, uns besser und konsequenter für die Sicherheit jener einsetzen, die von rechter Gewalt bedroht werden. Wir dürfen Rassismus, Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit nicht dulden, weder politisch, noch privat.

In dieser Hinsicht kann jede*r von uns jeden Tag Verantwortung übernehmen, handeln und zur gesellschaftlichen Veränderung beitragen. Sie beginnt bei uns.