Eine Neonazistin als Kandidatin für die Bürgermeister*innen-Wahl in Merseburg?

Marianne Krause ist Kandidatin der AfD-Fraktion für die Bürgermeister*innen-Wahl am 13. März in Merseburg. Bisher gab sie sich in Interviews als fürsorgliche Bürgerin aus, die sich vor allem um das Wohl der Kinder sorge. Wie bei der AfD-Fraktion nicht anders zu erwarten, offenbaren gelöschte Facebook-Posts allerdings eine neonazistische Gesinnung.

 

Manuela Krause beim Flügeltreffen in Schnellroda am 06.03.2020. Foto: Moritz Siman

Es ist immer wieder erschreckend, wie normal es geworden ist, dass die AfD in den Parlamenten sitzt – auch im Stadtrat von Merseburg. Ohne großes Aufsehen steht für die kommende Bürgermeister*innen-Wahl eine AfD-Kandidatin auf der Liste. Auch die bis jetzt geführten Interviews mit ihr zeigen eine deutliche Normalisierung: Magdalena Krause kann sich als ganz normale Bürgerin, der das Wohl ihrer Stadt am Herzen liegt, präsentieren. Sie stellt sich als Frau der Mitte dar, die sich Gedanken über das Lokalmarketing macht, lokale Produkte fördert und all das machen will, was das lokalpatriotisch-weiße Herz höher schlagen lässt.

Auf die knappe (und naive) Nachfrage der MZ, ob sie sich politisch rechts sehe, da sie ja in der selben Partei wie Hans-Thomas Tillschneider und dem Faschisten Bernd Höcke ist, antwortet sie nur: „Ich weiß nicht, was die OB-Wahl mit Herrn Höcke zu tun hat. Partei sollte in dieser Position keine Rolle spielen. Wenn ich gewählt werden sollte, muss ich mit allen Parteien in den Dialog treten“.

Das soll also alles an kritischem Nachfragen gewesen sein? Auf das misslungene und in Teilen rassistische Interview von „Merseburg Report“ gehen wir später noch ein. Zunächst möchten wir hier Informationen über Martina Krause zusammentragen, die zeigen, welche menschenverachtenden Einstellungen diese Kandidatin in Wahrheit hat.

Treue dem Flügel und Verehrung für Höcke

Krause mit der billigen Antwort davon kommen zu lassen, Höcke und die AfD hätten mit der OB-Wahl nichts zu tun, ist schwach. Krause ist keine Lokalpolitikerin, die mit dem Rest der Partei nicht so viel zu tun hat und sich nur ein wenig Gehör verschaffen will. Es ist bekannt, dass vor allem der AfD Kreisverband Saalekreis fester Bestandteil des extrem rechten „Flügels“ war. Dieser hatte sich formal aufgelöst, um einer Beobachtung des Verfassungsschutzes zu entgehen. Krauses biblische Faszination für den Flügel ist auf ihrer Facebook-Seite immer noch zu sehen. Dass sie nicht nur Bewunderin des Flügels war, sondern sich auch als Teil dessen fühlte, zeigt ihre Teilnahme am Flügeltreffen in Schnellroda am 06.03.2020.

Klar, wer Mitglied der AfD ist, oder diese wählt, unterstützt Faschisten wie Bernd Höcke und toleriert dessen Ideologie. Bei Krause greift das aber zu kurz. Auf ihrer Facebook-Seite zeigt sie deutlich eine absurde Verehrung für Bernd Höcke. Neben seinen bekannten faschistischen Äußerungen hatte Höcke im Mai 2021 auf einer Kundgebung der AfD in Merseburg seine Rede mit der SA-Losung „Alles für Deutschland“ beendet.

„Die einzige Frau, die sich zur Wahl stellt“

Stets wird betont, dass Krause ja die einzige zur Wahl stehende Frau ist und dass Merseburg somit bald seine erste Bürgermeisterin haben könnte. Dies immer wieder zu betonen, ohne auf das Frauenbild der AfD und Krause selbst einzugehen, ist absolut irreführend. Es wird suggeriert, man könne hier eine frauenpolitische Wahlentscheidung treffen. Als könne man eine Frau in eine Machtposition wählen, die sich dann auch für Frauenrechte stark macht. Dazu bleibt nur zu sagen: Die AfD ist grundliegend absolut sexistisch, frauenfeindlich und transfeindlich. Für Marissa Krause sind Frauen nur „Püppchen“.

Menschenverachtende Posts, die Krause lieber doch nicht zeigen will

Als Krause 2019 in den Merseburger Stadtrat gewählt wurde, musste sie plötzlich dringend aufräumen: Ihr Facebook-Profil war nun potentiell belastend geworden. Glücklicherweise hat der Twitter-Account @conligit einige ihrer Posts gesichert, die wir hier teilen möchten:

Dem lässt sich nicht mehr viel hinzufügen. Mordfantasien gegenüber Asylbewerber*innen, Lachen über den Tod eines Asylbewerbers, kein Problem mit „SSMANN“ und NS-Runen. Hinzu kommen noch Shoah-Verharmlosung und ein wohl vergessener Like bei der Facebook-Seite des Neonazis Sven Liebich.

Ja, wir wissen, es schockiert niemanden mehr, dass es in der AfD Neonazis gibt. Uns schockt das auch nicht mehr. Aber eben diese Gleichgültigkeit ist doch das eigentlich Schockierende, oder?

Warum wurde in den Interviews nicht auf die neonazistischen Äußerungen von Meredith Krause Bezug genommen? Warum wird Krause als legitime demokratische Interviewpartnerin behandelt?

Privater Sicherheitsdienst WTF?!?

Was für eine rassistische Denkweise und „Law and Order“-Mentalität Krause verinnerlicht hat, zeigte sich zum Beispiel im Interview von „Merseburg Report“. Klaus Treuter hat seit vielen Jahren die Sendeverantwortung für dieses Format, das regelmäßig im Offenen Kanal Merseburg-Querfurt ausgestrahlt wird. Für die OB-Wahlen in Merseburg interviewte er alle Kandidat*innen für jeweils etwa 45 Minuten.

Im Interview mit Krause wurde diese auf die „Lage in Merseburg-Süd“ angesprochen. Was damit eigentlich gemeint ist, wird wohl die Situation mit Geflüchteten im Stadtteil sein. Wenig überraschend sieht Krause nicht nur dort ein Problem sondern auch im Rosental und der König-Heinrich-Straße „tut sich da sowas entwickeln“, so Krause. Sie formuliert deutlich ihre Meinung, dass „integrationswillige“ Migrant*innen keine Integrationsangebote brauchen, denn das passiere ganz automatisch. Alle anderen wären nicht „integrationswillig“. Diesen möchte Krause mithilfe der Ordnungsbehörden Grenzen aufweisen. Dafür möchte sie mehr Stellen bei Polizei und Ordnungsdienst schaffen. Sollte dies nicht helfen, müsse man über eine Bestreifung durch private Sicherheitsdienste nachdenken.

Krause fördert hier nicht nur die Erzählung von „böser Ausländer, guter Ausländer“, sondern illustriert hier gedanklich die gezielte Überwachung von Migrant*innen durch private Sicherheitsdienste in bestimmten Gebieten. Natürlich wird nicht darüber geredet, welcher Gewalt Migrant*innen in Merseburg tagtäglich durch deutsche Kartoffeln ausgesetzt sind. Zwei Beispiele: 2015 wurde auf offener Straße mit einem Luftgewehr auf einen Mann aus Somalia geschossen. Ein Projektil musste aus seinem Hinterkopf entfernt werden. 2016 haben Neonazis einen Mann in seiner Wohnung überfallen und auf ihn, seine Lebensgefährtin und ein fünfjähriges Kind eingeschlagen.

Krause wird nicht Bürgermeisterin

Bei den letzten Wahlen (Bundestagswahl, Landtagswahl, Kreistagswahl) konnte die AfD in Merseburg hohe Ergebnisse erzielen. Dass Krause aber Bürgermeisterin von Merseburg wird, ist dennoch unrealistisch. Eine absolute Mehrheit wird sie nicht erreichen und spätestens in der Stichwahl wird sie sich nicht durchsetzen können.

Doch was würde es bedeuten, wenn Krause tatsächlich in die Stichwahl kommt? Es ist gut vorstellbar, dass Krause und Michael Hayn von der CDU in der Stichwahl landen. Also eine Wahl zwischen einer Neonazistin aus einer faschistischen Partei und einem Konservativen aus einer Partei, die sich in Sachsen-Anhalt in Teilen immer wieder der AfD annähert und auch bereit ist, bei Verschwörungsideolog*innen Werbung zu machen [Link Bürgermeister Bad Dürrenberg].

Und das soll eine Wahl sein?

Auch wenn Krause nicht Bürgermeisterin wird, wäre es ein erbärmliches Zeichen, wenn diese Frau in die Stichwahl käme. Jede Stimme für Krause zeigt, wie groß das Naziproblem in Merseburg ist.